Can, Sabitzer und Co. – Kritik an Şahins Entscheidungen wächst

Nach dem 1:5 gegen den VfB muss Nuri Şahin bei Borussia Dortmund seine erste Bewährungsprobe bestehen. Seine Entscheidungen werden hinterfragt.

Dortmund – Auf die Mannschaft und Verantwortlichen von Borussia Dortmund prasselt nach der Nichtleistung bei der 1:5-Klatsche in Stuttgart erwartungsgemäß viel Kritik ein. Der Umstand, dass der VfB sich zuletzt zu einem Angstgegner entwickelt hat und am Sonntag in einen wahren Rausch spielte, darf keine Entschuldigung sein.

Wenig überraschend steht Trainer Nuri Şahin im Fokus der Kritik. Unter seiner Führung sollten die apathischen Auftritte, die der BVB unter den Vorgängern Marco Rose und Edin Terzić immer wieder zeigte, der Vergangenheit angehören. Auch wenn Spieler wie Vizekapitän Julian Brandt am Sonntag schnell die Schuld auf sich nahmen, wird im Umfeld des Klubs heiß über diverse Personalentscheidungen diskutiert, mit denen sich Şahin angreifbar macht.

Marcel Sabitzer äußerte seine Unzufriedenheit

Für viel Gesprächsstoff sorgt dieser Tage etwa die Rolle von Marcel Sabitzer. Der Österreicher war in der Rückrunde des BVB eine herausragende Figur von der Position im zentralen Mittelfeld, spielte sich sogar ins Team der Champions-League-Saison. Im neuen System von Şahin ist für den Führungsspieler bisher vor allem auf der rechten Seite Platz. Für diese Rolle fehlt Sabitzer das Tempo.

Der 30-Jährige äußerte seine Unzufriedenheit zuletzt nach dem Sieg beim FC Brügge zum Auftakt in die Königsklasse deutlich, aber noch diplomatisch genug, um keinen allzu großen Brandherd entstehen zu lassen – zumal Şahin sein Verständnis für den Unmut des sensiblen Sabitzer durchblicken ließ. Dennoch bleibt der Eindruck zurück, dass der neue Cheftrainer unnötig ein Fass aufmacht, indem er einen der stärksten BVB-Profis seiner Stärken beraubt.

Keiner polarisiert wie Emre Can

Zumeist spielte Sabitzer dabei auf dem Flügel, um auf der Doppelsechs Platz für Kapitän Emre Can neben Neuzugang Pascal Groß zu lassen. Der Umgang mit dem Spielführer ist ein weiterer Punkt, der in Dortmund Gesprächsstoff liefert. Die Wahl von Can galt in der Vorsaison als Entscheidung, die in erster Linie von Terzić ausging. Nach einigen Diskussionen über eine Ablösung des Sechsers, hielt auch Şahin an Can als Kapitän fest.

Die sportliche Stellung des Nationalspielers ist aktuell aber zum Politikum geworden, wobei das Pendel bisweilen in beide Richtungen ausschwenkt: Wenn Can in der Startelf steht, sehen viele Beobachter dies seinem Amt als Spielführer geschuldet. Wenn Can, wie in Stuttgart, zunächst auf der Bank sitzt, erkennen andere Kommentatoren darin mangelndes Vertrauen gegenüber dem Kapitän. Şahin kann es dem BVB-Umfeld bei dieser Personalie kaum recht machen, weil Can wie kaum ein anderer Spieler in Dortmund polarisiert.

Şahin sagt „ich liebe diesen Spieler“, setzt ihn aber nicht ein

Bei einer anderen Personalie scheinen die Probleme im Gegensatz dazu voll und ganz hausgemacht zu sein: Dass Julien Duranville nach seiner starken Vorbereitung und einem gelungenen Saisoneinstand im DFB-Pokal über einen Monat ohne jeden Einsatz geblieben ist, ist kaum zu rechtfertigen. Selbst der gebotene vorsichtige Umgang mit dem oft verletzten Teenager gereicht nicht als nachvollziehbare Begründung.

„Ich liebe diesen Spieler. Ich liebe es, ihm jeden Tag zuzuschauen auf dem Trainingsplatz, wenn er seine Sachen macht und ich finde auch, dass er jetzt auch gegen den Ball Riesenschritte macht gerade. Er wird auch in dieser Saison wichtig für uns. Das kann ich sagen“, verkündete Şahin nach den ersten beiden A-Länderspielen von Duranville diesen Monat. An diesen Worten muss sich der Trainer eher früher als später messen lassen – vor allem eingedenk der spielerischen Probleme des BVB in vielen Partien zum Saisonbeginn.

Auch „absoluter Wunschspieler“ Beier ist derzeit hintendran

Die größeren Sorgen bereitet nach der Klatsche in Stuttgart freilich die Abwehr. Dass Nico Schlotterbeck derzeit die erste Wahl als Linksverteidiger ist, kann Şahin nur bedingt zum Vorwurf gemacht werden. Die Klubverantwortlichen ließen diese erwartbare Baustelle im Sommer offen. Das nötige Geld für eine Verstärkung wäre nach dem Verkauf von Niclas Füllkrug an West Ham United unverhofft vorhanden gewesen. Es wurde jedoch in Maximilian Beier reinvestiert, den Şahin in drei Spielen nach der Länderspielpause nur für 18 Minuten aufs Feld geschickt hat.

„Maximilian Beier war mein absoluter Wunschspieler“, ließ Şahin im August wissen. Dem DFB-Nationalspieler ist natürlich zuzutrauen, dass er sich beim BVB durchsetzt. Dennoch ist auch dies eine Personalie, die den BVB-Trainer derzeit angreifbar macht. Um die 30 Millionen Euro hat Dortmund für Beier in die Hand genommen, bei so viel Geld muss eine unmittelbare Verwendung zu erwarten sein – zumal, wenn dafür Lösungen für andere Problemzonen übersehen wurden.

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