Borussia Mönchengladbach scheut sich, über den Europapokal zu sprechen, doch aus vier Gründen besteht legitime Hoffnung auf den großen Wurf.
Mönchengladbach – Nach dem Abpfiff des Bundesligaspiels gegen Union Berlin hallten „Europapokal“-Gesänge durch das Stadion an der Alten Försterei.
Gladbach-Fans träumen leise von Europa
Die Fans von Union Berlin werden diese kaum angestimmt haben, auf Platz 13 geht es für die Eisernen darum, sich aus dem Abstiegskampf herauszuhalten. Dafür werden die Träume im Umfeld von Borussia Mönchengladbach größer, denn gegen Union gelang den Fohlen der dritte Sieg in den vergangenen vier Spielen.
Aufgrund des Remis zwischen RB Leipzig und dem FC Augsburg (0:0) sowie der Niederlage des VfB Stuttgart gegen den VfL Wolfsburg (1:2) rückt die obere Tabellenhälfte enger zusammen. Gladbach belegt mit 34 Punkten den achten Tabellenplatz und ist Mainz 05 (6., 35 Punkte), dem SC Freiburg (5., 36 Punkte) und Leipzig (4., 37 Punkte) dicht auf den Fersen.
Noch will Borussia aber nichts vom Europapokal hören! „Wir sollten die Kirche im Dorf lassen. Wir sollten wissen, wo wir herkommen“, erinnerte Sport-Geschäftsführer Roland Virkus gemäß dem kicker an die vergangene Saison, in der Gladbach mit 34 Punkten auf Platz 14 landete. „Wir haben letztes Jahr eine beschissene Saison gespielt. Dieses Jahr haben wir eine gute Phase.“
Kleindienst will „undercover mit da oben reingehen“
Klar ist aber auch: Bleibt das Momentum auf ihrer Seite, wird Borussia im Saisonfinale alles daran setzen, das Maximum zu erreichen.
Ähnlich blickte Tim Kleindienst bei Sky auf die Ausgangssituation. Er wolle „nicht irgendwas lostreten, was wir am Ende nicht erreichen“, viel schöner sei es doch, „wenn wir so ein bisschen undercover mit da oben reingehen und unsere Punkte holen.“
In dieser Hinsicht verkommen die anstehenden Spiele zu einer Reifeprüfung. Dieses Label hatten die Partien gegen den FC Augsburg, 1. FC Heidenheim, Mainz und Werder Bremen bereits in der Hinrunde, weil Gladbach in der Vergangenheit genau gegen diese Gegner häufiger Probleme hatte.
Zu erinnern sei auch an das Hinspiel in Augsburg, das mit 1:2 verloren wurde. Die Partie galt seinerzeit als Bestätigung, dass Gladbach und Gerardo Seoane nur bedingt miteinander harmonieren, von einem Ultimatum für den Trainer war die Rede – doch seitdem sammelten die Fohlen in 16 Spielen 28 Punkte, mehr verbuchten nur Eintracht Frankfurt (29), Bayer Leverkusen (36) und der FC Bayern (41).
So kann Gladbach den Europapokal erreichen
Bleibt Borussia bis zur Länderspielpause im März ungeschlagen, dann werden die Fans erst recht vom Europapokal träumen. Die Hoffnung auf die internationale Bühne besteht in vierfacher Hinsicht.
Rein rechnerisch ist die Champions League in Reichweite, drei Punkte Rückstand auf den begehrten vierten Tabellenplatz sind keinesfalls uneinholbar. Gladbach hat mit Leipzig, Freiburg und Mainz drei direkte Konkurrenten vor der Brust, denen wichtige Punkte geklaut werden können. Der Vorteil: Alle drei Duelle finden im Borussia-Park statt, in dem die Seoane-Elf seit Oktober nur gegen den FC Bayern (0:1) verloren hat.
Sollte sich RB stabilisieren und den Abstand auf die Verfolger erhöhen, wäre Tabellenplatz fünf das realistischere Ziel. Über diesen Rang zöge Gladbach in die Europa League ein, an der man nach dem Fast-Abstieg 2011 insgesamt viermal teilgenommen hat.
Reicht es in der Endabrechnung für Platz sechs, gelänge der Einzug in die Conference League, im jüngsten UEFA-Wettbewerb würde Gladbach eine Premiere feiern. Letztmals waren die Fohlen in der Saison 2020/21 international vertreten und erreichten das Achtelfinale der Champions League.
Bringt der Pokalsieger Gladbach nach Europa?
Hoffnung macht auch der DFB-Pokal. Leverkusen ist in einem dramatischen Viertelfinale gegen den 1. FC Köln (3:2, n.V.) weitergekommen, auch Stuttgart hat sich für das Halbfinale qualifiziert. In einer Woche duellieren sich Arminia Bielefeld und Bremen (25. Februar) sowie Leipzig und Wolfsburg (26. Februar) um die beiden letzten Tickets.
Wird sich der Pokalsieger über die Bundesliga für die Champions League oder Europa League qualifizieren, dann berechtigt Platz sieben zur Teilnahme an der Europa League und Platz acht zur Teilnahme an der Conference League.
Omlin sprach schon im Sommer von Europa
Ein solches Szenario hat Jonas Omlin schon vor Saisonbeginn skizziert, mit dem feinen Unterschied, dass die Bundesliga in der vergangenen Spielzeit einen fünften Champions-League-Platz erhielt. Aufgrund des Abschneidens in den diesjährigen Europapokalwettbewerben werden mit hoher Wahrscheinlichkeit aber nur vier Klubs den Einzug in die Königsklasse feiern dürfen.
Unter dem Strich existieren dennoch vier Szenarien, in denen bei den Borussia-Bossen nach dem Heimspiel gegen Wolfsburg am 17. Mai die Sektkorken knallen würden. Misslingt die Überraschung, findet die Saison trotzdem ein positives Ende, solange ein Platz in der oberen Tabellenhälfte verbucht wird. Nach einigen durchwachsenen Jahren herrscht das Gefühl, dass Gladbach wieder auf dem richtigen Weg ist.