Erstes Finale schon in der Vorrunde: Drei Dinge, die sich gegen Schweden ändern müssen

WM 2018 - Deutschland nach dem Spiel gegen Mexiko.
 ©dpa / Matthias Schrader

Beim WM-Auftakt gegen Mexiko offenbar die deutsche Mannschaft eklatante Schwächen in vielen Bereichen. Doch was muss sich ändern, um gegen Schweden drei Punkte zu holen?

Moskau - Hat der Fluch des Titelverteidigers nun auch das DFB-Team ergriffen? 2010 scheiterte der Weltmeister von 2006 (Italien) in der Gruppenphase, 2014 traf es den Sieger von 2010 (Spanien). In diese unrühmliche Liste will sich Joachim Löw eigentlich nicht eintragen - doch dafür muss sich gegen den zweiten Gegner Schweden einiges ändern. 

Auch wenn die Mexikaner als vermeintlich bester Gegner in der Vorrunde galten, sollten auch die Skandinavier nicht unterschätzt werden. Was leidenschaftlich kämpfende Teams bei der Weltmeisterschaft erreichen können, hat man bei den Spielen der Brasilianer gegen die Schweiz (1:1), oder der Argentinier gegen Island (1:1) gesehen. Auch Australien hätte den Franzosen beim 1:2 beinahe einen Punkt abgeknöpft. Doch wie können die Deutschen im nächsten Spiel eine Blamage verhindern? Wir nennen drei Dinge, die sich zwingend ändern müssen. 

1. Das Defensivverhalten nach Ballverlusten

"Unsere Absicherung ist nicht gut, das muss man ganz klar sagen. Jerome (Boateng) und ich stehen da oft alleine", sagte Mats Hummels nach der Auftaktniederlage: "Wenn wir wieder so auftreten, dann mache ich mir Sorgen." Der Verteidiger sprach die offensichtlichen Dinge an. Die konterstarken Mexikaner hatten sehr viel Platz für Gegenstöße. Immer wieder schafften es die Offensivspieler zwischen die Ketten. Bedeutet: Wenn der Ball hinter Kroos/Khedira und vor Hummels/Boateng kam, wurde es gefährlich. Eigentlich ist vor allem Sami Khedira dafür bekannt, diese Lücken zu stopfen und dem starken Angriffsspiel der Deutschen die nötige Absicherung zu geben. Doch auch er versuchte, sich in die Offensive einzuschalten, verlor dort aber zu oft den Ball. Auch vor dem 0:1 ließ sich der Juve-Star viel zu einfach abkochen. Dadurch fehlte er hinten und die Innenverteidiger sahen sich einmal mehr mindestens drei heranstürmenden Mexikanern ausgesetzt. 

Auch Rechtsverteidiger Joshua Kimmich war oft weit vorne zu finden, was auch mit der taktischen Ausrichtung zu tun hat. Vor dem Turnier sagte der Bayern-Spieler der Stuttgarter Zeitung beispielsweise: „Wenn wir in Ballbesitz sind, muss ich weit nach vorne aufrücken. Meine Position ist dann meist dort, wo der Außenverteidiger des Gegners steht“. Für die Außenverteidiger ist es natürlich eine undankbare Situation, bei Ballverlusten in der Mitte auch die Defensive stabilisieren zu müssen. Dass der 23-Jährige einen enormen Offensivdrang hat, sah man auch bei einem Fallrückzieher-Versuch in der zweiten Halbzeit. 

Gegen Schweden wären Ballverluste wie die von Khedira weiterhin riskant. Der Mittelfeldmotor hat einen hohen Stand bei Joachim Löw, wurde aber in der zweiten Halbzeit ausgewechselt. 

Die mögliche Lösung: Statt Khedira einen spielstärkeren Sechser bringen, der ballsicher agiert und seine Defensivaufgaben nicht vernachlässigt. Ilkay Gündogan wäre so ein Kandidat. Auch ein Kroos als einziger Sechser mit einem Achter als Bindeglied für die Offensive wäre eine Alternative. Hierbei könnte auch Leon Goretzka zum Einsatz kommen. Eine weitere Möglichkeit ist eine Lösung mit Khedira, Gündogan und Kroos. Khedira könnte als klarer Sechser die beiden spielstarken Kroos und Gündogan absichern. Opfer dieses Systems wäre Zehner Özil der dadurch auf der Bank sitzen müsste. 

2. Das Offensivspiel und das Vertrauen in die eigene Stärke

Viele Zuschauer fragten sich, was denn mit den erfahrenen Spielern los war. Thomas Müller und Mesut Özil, die bei der Weltmeisterschaft 2014 noch spritzig und zielorientiert agierten, waren gegen Mexiko ein Schatten ihrer selbst. Während Zuschauer die Körpersprache bei Özil schon seit Jahren kritisieren, war auch von Müller überraschend wenig zu sehen. Es fehlten Spielwitz und die nötigen Ideen, um die Mexikaner wirklich in Bedrängnis zu bringen. Im Zusammenspiel zwischen Werner, Müller, Özil und Draxler haperte es noch gewaltig. 

Die Angriffe des DFB-Teams waren deutlich rechtslastig. Immer wieder hatten Özil und Co. das Spielfeld in der Mitte vor sich und hätten auf die linke Seite zu Neuling Marvin Plattenhardt verlagern können. So aber machte der Herthaner etliche Meter umsonst. Ob das Problem fehlendem Vertrauen oder der falschen Entscheidungsfindung im entscheidenden Moment zuzuschreiben ist, darüber kann nur spekuliert werden. Doch die Deutschen sollten definitiv mehr Vertrauen in die eigene Stärke haben. Die Zielstrebigkeit war nicht da. Immer wieder stieg man nach einem Sprint auf den Ball oder verzettelte sich in Spielereien auf dem rechten Flügel. 

Die mögliche Lösung: Ein Startelf-Einsatz von Marco Reus ist fast unumgänglich. Der Dortmunder brachte nach seiner Einwechslung gegen Mexiko neuen Schwung in die Offensivaktionen. "Natürlich bin ich enttäuscht, dass ich nicht von Anfang an gespielt habe. Wer das nicht ist, ist fehl am Platz", sagte der Angreifer nach dem Match

3. Änderungen in der Startelf - keine Stammplatzgarantien mehr

Wer muss um seinen Platz in der ersten Elf bangen? Nach so einer Leistung eigentlich alle. Während einige feste Bestandteile wie die Innenverteidigung mit Hummels und Boateng sowie das Bindeglied Kroos wohl unverzichtbar sind, könnten alle anderen Spieler schon angezählt sein. Natürlich ist das Vertrauen des Nationaltrainers in Müller, der schon zehn Tore bei einer Weltmeisterschaft geschossen hat, besonders hoch. Allerdings bringen die jungen Wilden neuen Schwung in die Partie. Nicht nur Reus überzeugte nach seiner Einwechslung. Auch Julian Brandt, der erst in der 86. Minute kam, zeigte sich auffällig. Mit einem Pass in die Gasse leitete er einen Angriff ein, der über Umwege wieder bei ihm endete. Letztendlich setzte er den Ball gegen den Pfosten. 

Timo Werner musste verletzungsbedingt für Brandt vom Platz. Der Leipziger hatte zu Spielbeginn seine auffälligste Szene, blieb aber das Spiel über eher blass. Für den jungen Stürmer war es ebenfalls das erste Spiel bei einer Weltmeisterschaft. Er war aber auch der Leidtragende des fehlerbehafteten Angriffsspiels. Mit Ausnahme zweier Flachschüsse rackerte der Torjäger umsonst.  

Die mögliche Lösung: Mit Mario Gomez gäbe es einen erfahrener Stürmer, der gegen die körperlich starken Schweden bei Flanken Präsenz zeigen könnte. Marco Reus hat sich gegen Mexiko für einen Startelfeinsatz empfohlen. Julian Brandt hat gezeigt, dass er von der Bank für Wirbel sorgen kann. Löw wird nichts überstürzen und wohl die Ruhe bewahren - doch er würde mit der einen oder anderen Entscheidung gegen einen Alt-Star ein Zeichen setzen, das für den weiteren Turnierverlauf entscheidend sein könnte. 

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