Bremen – Frank Baumann hat in den vergangenen Woche viele Treuegelübde abgelegt. Immer ging es um Trainer Florian Kohfeldt. Mit ihm durch die Krise zu gehen, war und ist für den Sportchef des SV Werder Bremen eine alternativlose Entscheidung.
Der Frage, was aber passieren würde, wenn der gemeinsame Weg nicht ans Ziel - sprich: zum Klassenerhalt – führen sollte, wich der 44-Jährige gerne aus. Oder anders: Frank Baumann beantwortete sie mit dem Hinweis, dass Florian Kohfeldts Vertrag beim SV Werder Bremen auch für die Zweite Liga gelte.
Diese Formulierung suggerierte, dass es ein fixierter Automatismus sei, mit einem eventuell als Abstiegstrainer gebrandmarkten Coach auch den Wiederaufstieg angehen zu wollen. Doch diesen Automatismus gibt es bei Werder Bremen nicht – weder sieht sich die eine Seite an Absprachen und Versprechen gebunden noch die andere. Das hat Baumann als Studiogast im ZDF-Sportstudio bestätigt.
Werder Bremen: Frank Baumann hat „Szenario Abstieg“ noch nicht mit Florian Kohfeldt diskutiert
Mit Kohfeldt sei die Zukunft für den Fall des verpassten Klassenerhalts noch nicht thematisiert worden, erklärte der Vorgesetzte des Trainers. „Wir haben das mit Florian noch nicht diskutiert. Er müsste diesen Weg letztendlich auch mitgehen. Deshalb ist es spekulativ, darüber zu sprechen“, meinte Baumann, sagte aber auch: „Natürlich müssen wir uns mit dem Szenario Abstieg beschäftigen. Wenn es dazu kommen sollte – wovon ich nicht ausgehe -, werden wir den bestmöglichen Trainer für Werder Bremen auswählen. Das kann gut auch Florian Kohfeldt sein.“
Kohfeldt selbst hat sich zu einem Verbleib bei Abstieg noch nicht geäußert. Er bedient sich nach wie vor des Klassikers unter den ausfluchtähnlichen Antworten, sagt: „Ich gehe weiter davon aus, dass wir den Klassenerhalt schaffen werden.“ Im Raum steht jedoch noch sein Versprechen, dass er nach Abschluss seines bis 2023 laufenden Vertrages gegeben hat. „Wenn der Verein mich lässt, werde ich diesen Vertrag erfüllen“, hatte der 37-Jährige verkündet. Doch das ist ein Satz aus einer anderen Zeit, aus einer Zeit, in der Werder Bremen noch kein So-gut-wie-Zweitligist war. Dass er jetzt noch wie selbstverständlich gilt, glaubt selbst Baumann nicht
Werder Bremen: Unentschieden gegen Hertha BSC „fühlt sich wie eine Niederlage an“
Die Wahrscheinlichkeit, dass Werder nicht absteigt, wird Wochenende für Wochenende geringer, auch das 2:2 bei Hertha BSC hat den Bremern keinen echten Fortschritt gebracht. Das sieht auch Baumann so. „Es fühlt sich definitiv wie eine Niederlage an“, sagte er und grenzte – wie zuvor schon Kohfeldt – die Möglichkeiten, wie jetzt noch der Klassenerhalt geschafft werden kann, deutlich ein.
Für den Abstiegskandidaten Werder Bremen geht um den Relegationsplatz, „alles andere wäre im Moment unrealistisch“, meinte der Ex-Nationalspieler, der mit etwas zu groß wirkender Gelassenheit dem möglichen Duell mit dem Hamburger SV entgegensieht: „Wenn wir gewinnen, ist es gut.“ (csa)
Zur letzten Meldung vom 25. November 2019:
Vertrauen für Werder-Coach Florian Kohfeldt - „Trainer ist unantastbar“
Während an anderen Bundesliga-Standorten in dieser Saison schon so mancher Trainer gefeuert wurde oder gerade auf einem sehr wackeligen Stuhl sitzt, darf sich Florian Kohfeldt beim SV Werder Bremen trotz einer Ergebniskrise und einer gefährlichen Nähe zum Relegationsplatz absolut sicher fühlen.
Sportchef Frank Baumann sprach Coach Florian Kohfeldt bei der Mitgliederversammlung am Montagabend in der Werder-Halle an der Hemelinger Straße ganz deutlich das Vertrauen aus und nahm vor allem die Mannschaft in die Pflicht, ohne sie dabei jedoch an den Pranger zu stellen. Schließlich will Werder Bremen gemeinsam aus der schwierigen Situation herauskommen.
„Es ist Teil meines Jobs, unseren Cheftrainer durch solche Phasen konstruktiv zu begleiten. Einen Cheftrainer, von dem ich absolut überzeugt bin, einen Cheftrainer, der in einer nahezu aussichtslosen Lage seine Chance genutzt hat, der in wenigen Monaten viel bewegt und viel erreicht hat“, erinnerte Baumann auch an Florian Kohfeldts Start vor zwei Jahren, als Werder noch viel schlechter dastand als jetzt. Die Bremer schafften den Klassenerhalt und verpassten in der vergangenen Saison nur knapp die Qualifikation für das internationale Geschäft. Und so betonte der Sportchef: „Ich bin froh, dass wir im Sommer Florians Vertrag verlängern konnten, damit wir diesen Weg weiter bestreiten können.“
Eines der 260 Mitglieder reichte dieser Vertrauensbeweis offenbar noch nicht aus. „Der Trainer ist unantastbar“, rief der ältere Herr ins Mikrofon und erntete dafür nicht wenig Beifall. Und wer die Sparsamkeit der Werderaner an solchen Abenden beim Thema Applaus kennt, konnte dies nur als große Zustimmung werten.
Werder Bremen in der Krise: Frank Baumann schützt Florian Kohfeldt
Das klang nach Friede, Freude, Eierkuchen, doch diesen Eindruck wollte Frank Baumann mitnichten verbreiten. „Wir sind uns der Situation bewusst. Man muss von einer ernsten Lage sprechen, wenn man punktgleich mit dem Relegationsplatz ist“, gestand der Ex-Profi, vermied dabei aber auch weiterhin konsequent das Wort Abstiegskampf. „Wir müssen den steinigen Weg gehen und schnell liefern – am besten schon in Wolfsburg“, forderte Baumann und hatte auch einen Lösungsansatz parat: „Für die kommenden Wochen wird entscheidend sein, ob wir wirklich ein Team sind, das wird erst in schwierigen Zeiten deutlich.“ Eigeninteressen müssten nun weit in den Hintergrund treten, eine Galligkeit auf dem Platz jederzeit erkennbar sein.
Dabei wandte er sich auch direkt an den anwesenden Mannschaftsrat. Dessen Aufgabe sei es, diese Einstellung immer wieder zu überprüfen und zu leben. „Im Umkehrschluss kann sich die Mannschaft und jeder einzelne Spieler darauf verlassen, dass wir uns immer öffentlich vor unsere Spieler und die Mannschaft stellen werden“, versprach der Sportchef und ließ noch mahnende Worte folgen: „Gegenseitige Schuldzuweisungen, Egoismen, Stammtischparolen, vielleicht sogar einzelne Spieler an den Pranger zu stellen oder am besten noch den Spielern die Qualität abzusprechen, aber auch Angst sind schlechte Ratgeber, um eine Krise zu bewältigen.“
Werder Bremen: „Wir vertrauen diesem Kader“, sagt Frank Baumann
Bei allem Erfolgshunger, den Werder Bremen habe, wünschte sich Baumann auch eine gehörige Portion Realismus. Dabei ging es ihm nicht nur darum, auf das unglaubliche Verletzungspech zu verweisen. Er warf auch eine Grafik an die Leinwand mit den Personalkosten der Bundesligisten. In dieser Tabelle belegt Werder mit 58 Millionen Euro Rang elf. Nur Mainz, Freiburg, Augsburg, Union Berlin, Düsseldorf und Paderborn zahlen ihren Profis weniger Gehalt.
Dieses sehr mittelmäßige Gehaltsgefüge sollte „jedem vor Augen führen, wie ambitioniert unser Ziel, war, ist und auch weiterhin sein wird“, meinte Baumann mit Blick auf das Thema Europa. Davon abrücken will Baumann aber keineswegs, denn was für den Trainer gilt, hat auch bei den Spielern Bestand: „Wir vertrauen diesem Kader.“ (kni)
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