Anhänger von Borussia Mönchengladbach führen lebhafte Debatten über die Kaderplanung. Einige Vorgänge rufen Fragen hervor.
Mönchengladbach – Liest man in sozialen Netzwerken die Äußerungen der Fans von Borussia Mönchengladbach, so entsteht ein Bild von einer seit 2022 währenden Dauerkrise.
Gladbach ist endgültig im Mittelfeld der Bundesliga angekommen
Besorgniserregend ist einerseits die tabellarische Entwicklung in der Bundesliga. Mit dem zehnten Tabellenplatz der Saisons 2021/22 und 2022/23 wäre der Großteil aktuell wohl einverstanden, schließlich endete die vergangene Spielzeit auf Rang 14, auf dem sich Gladbach vor dem Duell mit dem 1. FC Heidenheim erneut befindet.
Kritisch betrachten Fans auch die Transfers von Sport-Geschäftsführer Roland Virkus. Der frühere Nachwuchskoordinator ist seit Februar 2022 an der Spitze der sportlichen Leitung, obwohl die Borussia-Bosse nach dem Rücktritt von Max Eberl eine externe Lösung angekündigt hatten.
Virkus betonte jüngst in einem Interview mit Sky Sport, neben dem sportlichen Mannschaftsgefüge auch die wirtschaftlichen Aspekte im Blick haben zu müssen. Unter seiner Ägide geht Gladbach durchaus in Vorleistung, muss anschließend jedoch auf Ablösesummen wie für Manu Koné hoffen, um weitere Transfers tätigen zu können.
Was in der Transferbilanz auffällt
Fragwürdig erscheint jedoch, in welche Mannschaftsteile investiert wird. So verpflichtete Gladbach für die Offensive seit Virkus‘ Amtsübernahme Nathan Ngoumou, Tomáš Čvančara, Franck Honorat, Robin Hack, Jordan, Tim Kleindienst und Kevin Stöger. Diesen sieben Transfers stehen lediglich drei Neuzugänge für die Abwehr gegenüber: Ko Itakura, Fabio Chiarodia und Maximilian Wöber.
Nimmt man die zu ihren Stammvereinen zurückgekehrten Ex-Leihspieler Jordan und Wöber heraus, entsteht ein Verhältnis von 6:2-Transfers zu Gunsten der Offensive - dabei kassierte Gladbach seit der Saison 2020/21 stets mehr als 50 Gegentore, 2021/22 unter Adi Hütter und 2023/24 unter Gerardo Seoane sogar über 60.
Gladbach wird in der Abwehr kaum tätig
Gewiss spielen die vier Offensiv-Abgänge Breel Embolo, Jonas Hofmann, Lars Stindl und Marcus Thuram in dieser Transferbilanz eine Rolle. Andererseits haben mit Matthias Ginter, Jordan Beyer und Ramy Bensebaini auch drei Verteidiger Gladbach verlassen.
Seit Virkus im Amt ist, hat sich die Stammviererkette nur an zwei Positionen verändert: Itakura spielt neben Nico Elvedi in der Innenverteidigung, Luca Netz ist Linksverteidiger ohne einen direkten Konkurrenten. Auf der rechten Abwehrseite duellieren sich weiterhin Joe Scally und Stefan Lainer, während Marvin Friedrich seit seiner Verpflichtung im Januar 2021 keine große Rolle spielt und mittlerweile über einen Abschied nachdenken soll.
Im Trainingslager hatte Virkus erläutert, Abwehrprobleme seien auf unterschiedliche Weisen lösbar: Struktur, Personal oder Personal und Struktur. Spätestens seit der vergangenen Saison ist festzuhalten, dass es primär personelle Veränderungen braucht - ein Ersatz für Wöber ist trotzdem nicht verpflichtet worden.
Čvančara und Ngoumou als Problemfälle im Angriff
Der Grund, wie Virkus gegenüber Sky Sport angeführt hat, sind die Verpflichtungen von Kleindienst und Stöger. Erstgenannter ist der nächste deutsche Nationalspieler am Niederrhein und erfüllt seinen Dienst bisher mit Bravour. Sein Transfer hängt mutmaßlich aber auch damit zusammen, dass Čvančara nach der passenden Rolle unter Seoane sucht.
Wie der Coach kürzlich gemäß der Rheinischen Post erläutert hat, fühlt sich Čvančara in der Spitze mit dem Rücken zum Tor unwohl. Exakt diese Rolle übernahm Jordan vergangene Saison, auch Kleindienst dürfte in dieser Disziplin wichtig sein. Somit ist der Tscheche nur die Nummer zwei in der Ein-Mann-Spitze, und gleichzeitig hinter Honorat und Ngoumou die Nummer drei auf der rechten Außenbahn.
Hofmann-Ersatz Honorat hat die Erwartungen bisher erfüllt, der 2022 für acht Millionen Euro verpflichtete Ngoumou lässt demgegenüber weiterhin Konstanz vermissen.
Selbstverständlich waren nicht alle Transfers Fehlschläge. Kleindienst, Stöger, Honorat und Robin Hack, der am Donnerstag bis 2029 verlängerte, sind wichtige Bestandteile der Fohlen-Offensive. Doch allen voran die investierten 18,5 Millionen Euro in Čvančara und Ngoumou hätten genauso gut für Abwehr-Transfers genutzt werden können. Zum aktuellen Zeitpunkt ist viel Geld für den Angriff in die Hand genommen worden, das sich nur teilweise ausgezahlt hat.